Newsletter 07/2025
Liebe Freunde des Ökodorf Brodowin,
es sind nicht die Zeiten für gute Nachrichten, finden Sie nicht auch? Aber von Weltpolitik möchte ich hier nicht reden, das überlasse ich gerne anderen. In unserem Brodowiner Mikrokosmos gibt es allerdings sowohl positive als auch nachteilige Entwicklungen - und das möchte ich heute mit Ihnen teilen.
Vielleicht haben Sie auch mitbekommen, dass „Bio“ mittlerweile „an jeder Straßenecke“ zu haben ist. Doch was bedeutet das eigentlich? Es bedeutet, dass Menschen, die ein bisschen bio-affin sind heute die Möglichkeit haben, in jedem Supermarkt oder Discounter selektiv einzukaufen. Und es ist toll, dass man beides kann: ein bisschen bio und ein bisschen konventionell. Ich finde, das sollte als Errungenschaft der Bio-Branche verstanden werden, dass Bio mittlerweile überall zu haben ist. Und so wächst und wächst der Biomarkt stetig, auch wenn die Zuwächse derzeit gering ausfallen.
Weitaus mühsamer ist es heutzutage für Erzeuger und Händler, die sich zu 100 % der ökologischen und nachhaltigen Entwicklung verschrieben haben.
Damit meine ich die Bio-Pioniere.
Dazu zählen die wirklich beachtliche Anzahl an Bioläden, Biohändlern und Bio-Landwirten, die ihr Sortiment aus Überzeugung zu 100% Bio ausrichten. Und wir in Brodowin gehören dazu, die in einer Hand aus unserer Urproduktion stammenden Güter verarbeiten und veredeln und diese Produkte anschließend an Sie, liebe Kunden, verkaufen, also auch Handel betreiben.
Ohne Sie, liebe überzeugte Bio-Kunden, wären wir nicht dort, wo wir heute stehen. Mit Ihnen durften wir uns zu dem entwickeln, was wir heute sind: die bekannteste regionale Biomarke im Großraum Berlin/Brandenburg, die neben der Produktion von gesunden Lebensmitteln eben auch für aktiven Natur- und Artenschutz vor den Toren Berlins steht. Dank Ihrer Unterstützung können wir hier vor Ort in unserer Region für unsere Region Bio-Lebensmittel produzieren und unserem Auftrag einer erhaltenswerten und naturnahen Landwirtschaft gerecht werden: gesunde Lebensmittel sowie Natur- und Artenschutz in einem!
Wir alle dürfen uns zu den Pionieren der ökologischen Landwirtschaft zählen, zu denen, die ein Umdenken in unserer Gesellschaft ermöglicht und gelebt haben.
Und in Zeiten wie diesen sehe ich uns vor Herausforderungen ungeahnten Ausmaßes, weil sich die Märkte vollkommen neu sortieren. Bio ist nicht mehr die Ausnahme, sondern Alltag geworden. Bio ist selektiv geworden in einem Verbraucherverhalten neuer Prägung. Ich denke, dass fast alle von uns heute zu Bio-Lebensmitteln greifen. Vor dem Hintergrund knapper Kassen jedoch deutlich weniger, als noch vor ein paar Jahren. Vor lauter Greenwashing in der konventionellen Lebensmittelwirtschaft ist die Stimme der Biopioniere kaum noch wahrzunehmen. Und das, obwohl unsere Argumente unverändert wichtig sind. Worauf möchte ich hinaus? Ich möchte Ihnen berichten, dass auch wir unter massiven Kostensteigerungen leiden und unsere Wettbewerbsfähigkeit dabei in Gefahr gerät.
Wettbewerbsfähigkeit war für uns eigentlich nie eine relevante Kategorie. Doch heute müssen wir unsere landwirtschaftlichen Strukturen mit großen gewerblichen Strukturen messen lassen und können mancherorts nicht mehr mithalten. Wir können und wollen auch unsere Preise nicht weiter anheben, um dieses kompetitive Missverhältnis auszugleichen.
Wir wollen aber weitermachen, und das ist verdammt schwer. Im vergangenen Jahr haben wir uns bereits von unserer Ziegenherde getrennt. In diesem Jahr von unseren Milchkühen, und heute, liebe Kunden und liebe Leser, möchte ich Sie darüber unterrichten, dass wir uns von unserer so lieb gewonnenen Brodowiner Milchflasche trennen werden. Wir können nicht mehr, denn die Kosten sind einfach zu hoch: Morgens wird das Wasserbad zur Reinigung der Flaschen angeheizt. Den ganzen Tag läuft der Gaskessel, um die Flasche unter Hitze mit dem Deckel zu verschließen. Nicht nur Gas, sondern auch viele andere Hilfsgüter sind für uns unermesslich teuer geworden: der Rohstoff Glas, die Etiketten, die Deckel, das Pfandsystem, die Logistik, die Reinigungsmittel und die arbeitsintensive Abfüllung.
Anfang August werden wir deshalb letztmalig Milch in unsere Flasche abfüllen und sagen damit zu dieser tollen Verpackung „Auf Wiedersehen“. Vielleicht findet sich in der Zukunft eine Option, damit wieder zu beginnen. Ganz ehrlich, es wäre mir eine riesige Freude. So wie diese Nachricht für mich eine sehr traurige ist.
Alle anderen Produkte aus unserer Meierei, wie natürlich auch unseren Milchbeutel werden Sie weiter erhalten. Die Milchbeutel sind bei weitem nicht so energieaufwendig, wie gerade die Flaschenabfüllung.
Eben hatte ich Ihnen von der Marktentwicklung berichtet, die uns Biopioniere besonders trifft. Obwohl ich nicht der Typ Mensch bin, der einen Aufruf startet, möchte ich doch an dieser Stelle dafür werben, in die Bioläden (der Stadt Berlin und in Brandenburg) zu gehen, um diese zu unterstützen. Dahinter verbergen sich viele tolle Einzelunternehmer, die so viel für uns alle getan haben. Und sie haben es verdient, dass wir sie durch unsere Einkäufe unterstützen.
Wer möchte, ist herzlich eingeladen, es auch mal wieder mit unserem Lieferservice zu probieren. Wir liefern unsere Bio-Lebensmittel aus Brodowin, aber auch viele weitere Bio-Lebensmittel aus Brandenburg und anderen Regionen direkt an ihre Haustür.
Sonst schreibe ich an dieser Stelle gern von unserer Ernte und landwirtschaftlichen Themen, aber der andauernde intensive Regen der letzten Tage verschiebt die Ernte immer wieder nach hinten und verschafft mir die Zeit, Ihnen zu schreiben.
Liebe Kunden, liebe Freunde des Ökodorf Brodowin, während ich diese Zeilen schreibe, merke ich, wie sehr ich mich Ihnen und Euch verbunden fühlen. Das ist einfach ein tolles Gefühl.
Bleibt uns gewogen.
Ihr
Ludolf von Maltzan